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Die zentralen Orte: Übersetzung als "Normalisierung" einer fehlerhaften Theorie

Date de publication : 05-04-2012
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Walter Christallers Buch Die zentralen Orte in Süddeutschland (1933)ist bis heute eine der bekanntesten theoretischen Grundlagen für Geographie und Raumplanung.

Die Akzeptanz des Christallerschen Modells der zentralen Orte ist bis in die Gegenwart international ungebrochen, obwohl in den letzten Jahrzehnten immer wieder grundsätzliche Einwände gegen die Richtigkeit und Plausibilität des Zentrale-Orte-Modells formuliert worden sind. Die beiden hier veröffentlichten Präsentationen zeigen auf, in welcher Weise unrichtige und irreführende Übersetzungen von Christallers Arbeit die enthaltenen Fehler verschleiert und zur internationalen Verbreitung der Theorie beigetragen haben.

 

Die erste Präsentation"Die Übersetzung Walter Christallers als « cadavres exquis »"verdeutlicht, wie die verkürzteund fehlerhafte englische Übersetzung von Diezentralen Orte in Süddeutschland aus der Zeit zwischen1954 und1966 zur Grundlage für die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Modells als "normale Wissenschaft" geworden ist. Spätere, nicht-englischsprachige Übersetzungen haben sich auf diesen Text bezogen und in einer Art "Stille-Post-Spiel" einmal etablierte Fehler weiter verbreitet.

 

Der zweite Beitrag: "Übersetzung & Fiktion. Internationalisierung als Rechtfertigung der Zentrale-Orte-Forschung in der Bundesrepublik" beschäftigt sich mit den Rückwirkungen, welche die internationale Aufnahme des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatlicher Landesplanung in der Bundesrepublik. Für Forscher und Raumplaner in Deutschland ist die Übersetzung von Christallers Arbeit keine Vorbedingung gewesen, um sich mit diesem Modell zu beschäftigen. Trotzdem hat die internationale Aufnahme des Modells Rückwirkungen auf die Raumplanung in der Bundesrepublik gehabt: Die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Systems war für Vertreter der Raumplanung in Deutschland ein wichtiges Argument, um die vorherige Anwendung des Modells in der Raumplanung des NS-Staates zu verschleiern und seine Festschreibung in staatlichen Entwicklungsplänen und Gesetzen der Bundesrepublik durchzusetzen.